Aber es gibt bald Krieg! Die Steine sind nicht länger sicher auf der Erde

Gerne würde ich wieder von einer Reise berichten. Doch es wird ernster. Genau eine Woche nach meiner Rückkehr aus Dubai begann ein Krieg im Osten Europas. Um mich damit auseinanderzusetzen, schreibe ich darüber.

Gleich vornweg: Ich bin kein Politiker und kein Experte. Ich habe kaum Kenntnis von den Hintergründen. Darf ich trotzdem meine Unverständnis in die Weiten des Internets schreiben? Ja, ja ich denke schon. Und da es mir immer hilft, Dinge in Worte zu fassen versuche ich das hier einfach mal. Es wird also auf jeden Fall eine recht neue Art von Blogpost.

Im Vorfeld habe ich von den Spannungen rund um die Ukrainisch-Russische Grenze zwar immer mal etwas mitbekommen, dem aber ehrlich gesagt nicht so viel Bedeutung beigemessen. Vor allem, weil ich nicht davon ausging das das ganze so sehr eskalieren würde. Erst recht nicht nach all den Berichten von Politikern, die nach Kiew und Moskau flogen, um die Wogen zu glätten. Hatte nur leider wenig gebracht.

Und so saß ich Ende Februar sehr viel häufiger als sonst vor meiner Tagesschau App, las von Aufrüstungen und Truppenbewegungen, von der Anerkennung von Republiken und Waffenlieferungen, bis ich eines morgens mit der Schlagzeile aufwachte: „Russland kündigt Militäroperation in der Ukraine an“. Ich wusste nicht wie ich reagieren sollte, ich realisierte auch erst gar nicht, dass mit „Militäroperation“ eben nicht „nur“ ein Einmarsch in die zuvor anerkannten Regionen gemeint war, sondern ein Krieg im ganzen Land. Und als ich diese Nachricht im Laufe des Tages verdaut hatte, verbrachte ich die nächsten Tage damit, stündlich den Newsticker der Tagesschau zu aktualisieren.

Im ganzen Monat März verging vermeldete dieser auch immer neues, sodass ich irgendwann eine Pause von den Nachrichten einlegen musste, um nicht zu sehr davon mitgenommen zu werden. Ich hatte mich ehrlich gesagt immer auf den Moment gefreut, an dem Corona nicht mehr die Schlagzeilen bestimmte und jetzt wünschte ich mir den täglich drögen Bericht der Fallzahlen wieder zurück. Und die Dinge entwickelten sich sehr schnell, so dynamisch, so unvorhersehbar. Zwei Dinge fand ich besonders bemerkenswert.

Den Verteidigungswillen der Ukrainer, die zahlenmäßig - und anfangs auch in der Ausrüstung - unterlegen waren, die es aber schafften, ihre Gebiete zu halten.

Und die Bereitschaft zur Hilfe, speziell der EU. Meist war es schließlich so, dass einzelne Länder etwas auszusetzen hatten, sich gegen Maßnahmenpakte stellten oder diese kritisierten. Jetzt gab es eine Einigkeit, die ich so noch kaum kannte. Einigkeit über Sanktionen, Unterstützungen, Flüchtlingshilfen. Für mich war das gleichermaßen überraschend wie erfreulich und zeigte, das durchaus viel getan werden konnte, wenn diese Bereitschaft existierte.

Das galt auch für die Zivilbevölkerung, allein am Berliner Hauptbahnhof fanden sich etliche Freiwillige, die als Dolmetscher oder Guides aushalfen. Gerne hätte ich dort auch unterstützt, aber mein Englisch half wenig weiter und mein Russisch beschränkte sich auf “меня зовут Ричард”. Ukrainisch konnte ich gar nicht.

Ich persönlich glaubte, das dies auch dem Eindruck geschuldet war, dass dieser Krieg so viel näher war als viele andere. Sowohl räumlich, als auch medial. Sicher war es schade, dass andere Konflikte nicht so viel Unterstützung erfuhren. Aber der Krieg in der Ukraine wirkte deswegen so nahbar, weil jeder Flüchtling am Hauptbahnhof, jedes Auto mit Ukrainischem Kennzeichen einen daran erinnerten. Außerdem, und darin unterschied er sich meiner Meinung nach von vielen Konflikten, die Schuldfrage völlig eindeutig war. Es gab keine religiösen oder kulturellen Diskrepanzen, keine politischen Unruhen. Es gab ganz klar einen Aggressor, der in ein anderes Land einfiel. Und das funktioniert in den Medien natürlich auch sehr viel besser und sorgt bei einer viel breiteren Masse für Mitgefühl und Unterstützung. Erfreulicherweise.

Hier hätte eigentlich der Eintrag enden sollen, Überarbeitung und Korrektur nahmen aber so viel Zeit in Anspruch, dass sich noch ein weiterer Absatz anbot. Den neben den unmittelbaren Folgen machte sich immer mehr auch die Abhängigkeit von russischem Gas und die Inflation bemerkbar. Denn die machte im März einen Sprung von 5,1 auf 7,3%. Zunächst nur Zahlen, die aber schon bald ihren Weg in den Alltag fanden. Ausgelöst durch knapp werdendes Öl und Gas stiegen in den nächsten Monaten auch die Preise für weitere Güter - und die Politik versuchte gegenzusteuern. Und das beste Beispiel dafür war wohl das 9€ Ticket. Für drei Monate konnte man mit dem gesamten deutschen Nahverkehr fahren, pro Monat für nur 9 Euro.

Das klang vielversprechend. Da das Ticket eh in meinem Semesterticket inkludiert war (und ich die Differenz zurückbekam) nutzte ich die Möglichkeit auch aus und fuhr damit beispielsweise zu meinen Großeltern. Mein Papa pendelte häufiger an die Ostseeküste und meine Schwester besuchte Freunde. Dennoch blieb ein fader Beigeschmack, wenn beim Einkaufen selbst Dinge wie Butter gefühlt zum Luxus wurden.

Die Zeit verging, ohne das sich das Geschehen in diesem Krieg stark zum besseren oder schlechteren wand, aber auch ohne dass die Unterstützung merklich abnahm. Es blieb also wohl abzuwarten und zu hoffen. Bis dahin hieß es wohl leider, im Osten nichts neues.