Ohh, diesmal müssen sie dir ganz schön doll auf den Schädel geschlagen haben!

Jaa. Ich saß mittlerweile schon wieder im Flieger. Ja, mein Fußabdruck tut mir selbst leid. Aber bevor wieder alle Grenzen dichtmachen und ich (Gott bewahre) meinen Urlaub in Brandenburg verbringen muss, will die Chance doch gut genutzt werden. Und Helsinki war wirklich schön. Hiermit also verspätete Grüße aus Finnland.

Ein bisschen verrückt sind die Finnen ja schon. Ich meine, die haben ein Riesenrad in ihrer Hauptstadt, das mit einer Saunagondel bestückt ist. Da kann man saunieren, während man Riesenrad fährt. Strange, aber irgendwie brillant. Schön ist Helsinki aber allemal, das muss man neidlos anerkennen. Günstig gelegen, direkt an der Ostsee, abwechslungsreich mit schmalen Gassen und großen Plätzen und geschichtsträchtig. Finnland gehörte lange Zeit zum Schwedischen Königreich, zumindest solange die Gegend nicht durch die Russen erobert wurde. Die vorgelagerte Verteidigungsinsel Suomellina war also nur bedingt erfolgreich gewesen, zum Weltkulturerbe hat sie es dennoch geschafft. Und auch das Erbe der Schweden ließ sich noch in der ganzen Stadt finden, Schilder und Beschriftungen sind fast überall zweisprachig, Schwedisch immer noch zweite Amtssprache.

Bonusfakt: „Notbremse“ heißt auf Schwedisch „Nödbröms“. Ich liebe die.

Wir kamen also da an. „Wir“ heißt in diesem Fall eine Mitschülerin und ich. Nur eine gute Freundin. Wenn ich jedes Mal einen Euro bekommen hätte, wenn jemand uns fragte "Seid Ihr zusammen?" müsste ich jetzt schon nicht mehr arbeiten. Warum kann man nicht einfach mit einer guten Freundin verreisen, sich freundschaftlich anpöbeln und gut ists. Naja, wie dem auch sei.

Erster Stopp von uns war der Supermarkt. Leider bewahrheitete sich das Gerücht, dass Finnland ein teures Land ist. Die Leute verdienen echt gut, uns Touris taten aber manche Preise wirklich weh. Erstrecht, wenn man die deutschen Diskounter gewöhnt war. Ich zückte also die lilanen Scheine für ein Päckchen Butter und einen O-Saft und ging weiter zur Alkoholabteilung.
Finnland hat ein, nun ja, angespanntes Verhältnis zum Trinken. Die Steuern auf Suff sind die höchsten Europas und genau, wie wir für Sprit nach Polen fahren, kaufen sich die finnischen Sprittis einen Trip nach Estland. Da kostet der Kram nämlich nur ein Drittel. Da sich die Fahrt für uns allein schon zeitlich nicht lohnte, bissen wir in den sauren Apfel und kauften vor Ort. Zum Beispiel einen Hugo für über fünf Euro. Oder einen Wein. Ich dachte mir, lass mal nicht den ganz Ruppigen nehmen und kaufte einen für 23 Euro. Und es war trotzdem der Ruppige. An dieser Stelle sorry an meine Leber. Wir entsorgten die halbe Flasche (sorry an die Kanalratten) und verbrachten die nächsten Tage mit kleinen Döschen einer örtlichen Longdrinkfabrik. Selbst mit denen wurde man schon dumm angeguckt. Trinken auf öffentlichen Plätzen oder in der Bahn ist hier nämlich auch strafbar. Außerdem fragte uns die Kassiererin nach unseren Ausweisen, als wir ein Radler kaufen wollten. Ein Radler. Und sie fragte uns beide, obwohl ich bezahlte. Naja, wie gesagt, ein angespanntes Verhältnis.
Das aber durch die maritime Schönheit der Stadt und den netten Charakter ihrer Einwohner ausgeglichen wurde.

Die Tür zu unserm AirBnB war dünn wie Karton und hatte nur ein Schnappschloss. Ohne Riegel. Zum Vergleich: in Athen hatten wir eine - mit massiven Bolzen versehene - Barrikade, die ganz Finnland gegen die Russen beschützt hätte. Das war aber egal, denn sicher fühlte man sich hier rund um die Uhr.

So verbrachten wir einen Tag mit Stadterkundung, einen Tag im angrenzenden Nationalpark und schauten vor der Abreise noch auf der Verteidigungsinsel vorbei. Die Abende saßen wir bei kühlen Temperaturen an der Ostsee, versoffen unseren Bausparvertrag und genossen die Zeit. Und schneller als erwartet waren wir wieder Heim.

Zuhause überschlugen sich dann die Ereignisse. Wortwörtlich. Eigentlich wollte ich am Montag nur entspannt mit zwei Kumpels an den Strand. Einfach nur rumliegen und nichts tun. Aber einen Anruf später wurde daraus eine Bootstour mit zwei weiteren Freunden, einer von denen lud uns zu sich ein. Der Tag war top, wir düsten mit seinem Sportboot über die Seen, machten eine lange Pause am Strand und alberten rum.

Bis, ja bis wir auf die Idee kamen, schnell über das Wasser zu preschen und dabei in die Wellen eines anderen Bootes gerieten. Es ging auf einmal sehr schnell, eine Welle und unser ganzes Boot überschlug sich. Ich, der als Galionsfigur vorne auf dem Motorblock saß, geriet irgendwie unters Boot und schlug gegen den Rumpf.
Ich tauchte wieder auf, schwamm erst ein paar Meter, bis einer der Jungs meinte „Richi, du blutest wie'n Schwein". Fuck.

Dann ging alles sehr schnell, ein anderes Boot sammelte uns aus dem Wasser, dort traf kurz darauf die Feuerwehr ein. Ich landete im Krankenhaus und die tackerten mich wieder zusammen. Zum Glück nichts außer zwei fetten Platzwunden. Ich blieb ein paar Tage im Krankenhaus und trat die folgenden Tage etwas kürzer. Mittlerweile sind sogar die Klammern schon wieder raus.
Aber es ist schon beunruhigend, wie schnell das manchmal gehen kann. Also Leute, aufpassen bei den Speedbootrennen und beim Haitauchen und dann sehen wir uns in alter Frische im nächsten Post wieder.

Ah und sagt dem Sommer, er soll gefälligst wiederkommen, wenn ihr den seht. Dieser Regen schlägt auf die Stimmung.